Projekt Beschreibung
Erläuterungsbericht Karl-Marx-Halle Chemnitz
AUFGABENSTELLUNG
Die Architektenkammer Sachsen lobt einen Wettbewerb für den Bau einer Multifunktionshalle mit einer Kapazität von 8.500 bis 11.500 Besucher:innen aus. Das Wettbewerbsareal befindet sich hinter der „Parteifalte“ in Chemnitz und umfasst eine Fläche von etwa fünf Hektar. Mit der primären Nutzung als Spielstätte der Chemnitzer Basketballmannschaft NINERS soll die Halle zusätzlich für Konzerte, kulturelle Veranstaltungen und gemeinschaftliche Nutzungen geöffnet werden.
Im Mittelpunkt steht die Entwicklung eines städtebaulichen Konzepts für ein zentrales Areal der Chemnitzer Innenstadt. Ziel ist es, die neue Halle sinnvoll in das bestehende Stadtgefüge zu integrieren und eine funktionale sowie räumliche Verknüpfung mit den angrenzenden Quartieren zu schaffen.
STÄDTEBAULICHE EINBINDUNG
Bei unserer Ortsbegehung Anfang Mai fielen uns viele bestehende Kanten im Areal und der Umgebung auf, die wir gestalterisch in unseren Entwurf integrieren wollten. Unser Ziel war es, den ehemals abgeschlossenen „Innenhof“ zu öffnen und einen attraktiven Aufenthaltsort zu schaffen. In Anlehnung an die Karl-Marx-Statue und zur Erzeugung einer monumentalen Wirkung platzierten wir die Halle auf einem massiven Sockel. Dieser ermöglicht nicht nur klare städtebauliche Kanten, sondern unterstützt die Wirkung der Halle als neues Wahrzeichen – in Bezug zur Karl-Marx-Statue.
Das leichte Gefälle des Geländes erlaubt eine natürliche Einbettung des Sockels in den Hang. Um eine übermäßige Höhe – besonders im Vergleich zur „Parteifalte“ – zu vermeiden, haben wir die Halle teilweise in den Boden versenkt. Darauf gehen wir im Verlauf noch näher ein. Ein weiterer zentraler Eingriff ist die deutliche Vergrößerung des bestehenden Durchgangs in Richtung Karl-Marx-Statue, wodurch der Vorplatz unserer Halle einladend und offen wirkt.
Die Form des Sockels orientiert sich an der geplanten Fußwegeachse vom Stadthallenpark über den Karl-Marx-Kopf bis hin zum Theaterplatz. Die Geschichte der „Parteifalte“ bleibt erhalten – der Sockel reagiert nur subtil auf sie. Deshalb ist auch die Position der Halle bewusst gewählt. Ihre Form leitet sich aus den Kanten der „Parteifalte“ ab: gespiegelt entstehen die charakteristischen Linien, die sich nicht nur in der Außenform, sondern auch im Innenraum – etwa im Oberrang – sowie skaliert in den unteren Geschossen widerspiegeln.
GRUNDLEGENDE ASPEKTE DES ENTWURFS
Die Leitidee entwickelte sich für uns frühzeitig: Wir wollen mit der Halle nicht nur eine Sportstätte, sondern einen neuen attraktiven Aufenthaltsort schaffen – auch außerhalb der Veranstaltungszeiten. Deshalb entschieden wir uns bewusst für eine besondere Formensprache.
Von Anfang an verfolgten wir die Idee, die Halle teilweise im Boden zu versenken. Der Unterrang sowie umliegende Räume befinden sich unterirdisch; die Besucher:innen betreten die Halle über das Erdgeschossniveau des Sockels. Wie gefordert ist der Hauptnutzen auf die NINERS Chemnitz ausgerichtet. Zusätzlich soll die Halle Konzerte und kulturelle Veranstaltungen aufnehmen können. Im Sockelgeschoss befindet sich zudem ein Community Hub, der Raum für Workshops, Meet & Greet- Veranstaltungen und weitere Formate bietet.
NUTZUNGSKONZEPT & ERSCHLIEßUNG
Wie bereits beschrieben, berücksichtigt unser Konzept die klassischen Funktionen einer Multifunktionsarena. Ein zentraler Aspekt war dabei die schnelle Erreichbarkeit von sanitären Anlagen und Gastronomie, insbesondere während Sportveranstaltungen. Um das Sockelgeschoss zu entlasten, haben wir im 1. Untergeschoss eine „sanitäre Ebene“ eingerichtet. Zwei großzügige Eingänge auf Sockelniveau garantieren einen reibungslosen Einlass.
Unterhalb der Halle haben wir eine Tiefgarage mit drei Geschossen im hinteren Bereich für PKWs geplant. Im vorderen Teil gibt es zwei Ebenen, da hier das zweite und dritte Untergeschoss zusammengelegt sind – zur besseren Erschließung für Mannschaftsbusse und zur Schaffung angenehmer Räume im Hallenbereich. Der VIP-Bereich ist unterirdisch Richtung Theaterverwaltung angeordnet und hat über ein Treppenhaus direkten Zugang zum Innenraum.
TRAGWERK & MATERIALITÄT
Die Halle ist im Wesentlichen als Stahlbetonbau konzipiert – besonders hinsichtlich der Tribünenelemente und der Tragstruktur eine sinnvolle Entscheidung. Diese Massivität wollten wir nach außen nicht abbilden. Der Sockel erhält daher eine Verkleidung aus Travertin, der durch seine Struktur und Farbigkeit Bezug auf den umliegenden Sandstein nimmt und gleichzeitig eine freundliche Wirkung erzeugt.
Die Fensterflächen sind als Pfosten-Riegel-Fassade ausgebildet, angepasst an die Nutzungen im Inneren. Die großzügigen Glasflächen an den Eingängen erzeugen Leichtigkeit und Durchlässigkeit im massiven Sockel.
Für das Tragwerk des Oberrangs und Daches entwickelten wir ein Stützenraster, das sich an den Treppen orientiert. Die Y-förmigen Stützen definieren die Außenform und ziehen sich bis in die Dachspitzen. Sie leiten die Kräfte durch alle Untergeschosse ins Fundament ab. Die Fassade darüber ist eine vorgehängte Glas-Metallfassade mit perforiertem Blech in verlaufender Struktur – für einen modernen, lebendigen Ausdruck und Tageslichteinfall. Das Dach ist ein hyperbolisch geformtes, vorgespanntes Seilnetztragwerk mit Membranüberdeckung. Die Dachform berücksichtigt dabei auch die gewünschte Höhenbeschränkung.
AUßENRAUMGESTALTUNG & MOBILITÄT
Für den Außenraum wollten wir eine Fläche schaffen, die vielfältig nutzbar ist: Zu Spieltagen dient sie als Treffpunkt für Fans, an anderen Tagen als Aufenthaltsort mit Blick auf die Halle. Die Hauptwegeführung orientiert sich an den Bewegungsströmen vom Hauptbahnhof sowie aus der Innenstadt, was wir gestalterisch berücksichtigt haben.
Die Brückenstraße wurde im Entwurf verschlankt – sie ist in dieser Größe nicht notwendig – zugunsten eines fußgängerfreundlichen Konzepts. Eine spätere Anbindung an das Straßenbahnnetz ist vorgesehen. Der Verkehr soll sich vorrangig auf Fußgänger:innen und Radfahrer:innen konzentrieren; Autos sind sekundär. Die Zufahrt erfolgt daher ausschließlich über die Mühlenstraße zur Tiefgarage, um den Verkehrsfluss gezielt zu steuern.
Der Platz wird begrünt – zur Steigerung der Aufenthaltsqualität und im Sinne des Klimaschutzes. Die befestigten Flächen bestehen aus Pflastersteinen, was zur Strukturierung beiträgt.
UMNUTZUNG „STRAßE DER NATIONEN 23“
Für das Bestandsgebäude „Straße der Nationen 23“ schlagen wir eine neue Nutzung vor, die ohne Abriss eine städtebauliche Aufwertung ermöglicht. Das Gebäude wird entkernt, die Geschosse werden reduziert und an die neuen Funktionen angepasst. Das Piktogramm verdeutlicht dies. Im Erdgeschoss entstehen mehrere Durchbrüche, die in einem großzügigen Terrassensitzbereich im Innenhof münden – unter altem Baumbestand und mit direktem Bezug zur Halle.
Unser Ziel ist es, einen Ort zu schaffen, der über die eigentliche Funktion hinaus wirkt – als Identifikationspunkt, Begegnungsort und architektonisches Statement.


